Fälle wie der von Philipp brechen einem das Herz. Der Student lang mit 20 Jahren plötzlich tot im Bett. Kein Einzelfall: 65.000 Deutsche sterben jährlich an plötzlichem Herztod. Ihre Angehörigen sind oft auch gefährdet – ohne es zu wissen.
Er war Jahrgangsbester beim Abitur, begeisterter Autobastler, frisch verliebt und voller Pläne: Die Zukunft von Philipp L. aus Hinterweidenthal in der Südwestpfalz hätte sicher rosig ausgesehen. Doch plötzlich war alles vorbei. Eines Montagmorgens lag der 20-Jährige tot in seinem Bett. Sein Vater Mario L. (49) kann auch jetzt, fast vier Jahre später, den völlig unerwarteten Tod seines Sohnes kaum fassen. Am Abend zuvor hatte Philipp noch eine Tasse Tee mit seinen Mitbewohnern getrunken und verkündet, er werde am kommenden Morgen noch vor der Uni staubsaugen. Doch dann wunderten sich seine Mitbewohner, dass sein Wecker nicht zu klingeln aufhörte. Als sie nachschauten, entdeckten sie, dass der Tod Philipp im Schlaf überrascht hatte.
Eines Morgens lag Philipp tot im Bett, der Vater kann es bis heute nicht fassen
„Es war wie aus heiterem Himmel, es gab im Vorfeld keine Anzeichen, dass mit Philipps Herz etwas nicht stimmen könnte“, sagt der Vater Mario L. Als ihn Celine, die Freundin seines Sohnes, anrief, und ihm von dessen Tod erzählte, leitete er sofort eine rechtsmedizinische Untersuchung ein. „Ich wollte wissen, was passiert war. Und ob er bei seinem Tod gelitten hatte“, sagt der Vater. Er brauchte eine Erklärung, wie so etwas passieren kann, obwohl sein Sohn ja als kerngesund galt und einen gesunden Lebensstil pflegte.
Hätte man Philipp im Vorfeld untersucht und die Herzschwäche entdeckt, könnte er vielleicht noch leben
In der Gerichtsmedizin in Köln stellte man einen plötzlichen Herztod fest. Grund war aller Wahrscheinlichkeit nach eine elektrische Herzstörung. In Philipps Fall ein Short-QT-Syndrom. Das ist ein seltener genetischer Herzdefekt, der ein hohes Risiko für Ohnmachtsanfälle oder plötzlichen Herztod birgt. Zur Erklärung: Elektrische Impulse im Herzen sorgen dafür, dass sich der Herzmuskel zusammenzieht und Blut durch den Körper pumpt. Der Herzmuskel braucht dazwischen Zeit, sich zu entspannen, bevor er das nächste elektrische Signal empfängt und sich wieder zusammenzieht. Die Zeit, die er zur Entspannung braucht, heißt QT-Intervall. Beim Short-QT-Syndrom ist das Intervall kürzer, beim Long-QT länger als normal. Trifft das nächste elektrische Signal den Herzmuskel zu früh oder spät, kann das gefährliche Rhythmusstörungen oder Blackouts auslösen.
Auch der Vater ist betroffen. Er hatte mit 41 Jahren einen Herzinfarkt. Dass der elektrische Herzfehler die Ursache war und nicht lediglich ein Gefäßverschluss, wie es damals hieß, weiß man heute. Zu spät für Philipp, der vielleicht noch leben könnte, hätte man die vererbbare Herzstörung beim Vater früher entdeckt. „Niemand hat mich gewarnt und so forschte ich auch nicht nach“, sagt der Vater. Also machte er sich diesbezüglich keine Sorgen: „Heute wäre das ganz anders. Mit meinen jetzigen Kenntnissen zu der Thematik würde ich auf jeden Fall darauf bestehen abzuklären, ob es familiäre Risiken für eine Herzerkrankung gibt“, sagt der Vater. Er mache keinem Arzt einen Vorwurf, aber im Nachhinein könne man Verdachtsmomente bemerken. „Ich hatte von Philipp nur ein EKG, bei dem seine Herzaktivität gemessen wurde, das wurde bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst angefertigt“, erzählt der Vater.